SITuATIONSKONTOLLE
In letzter Zeit bemerkte ich eine interessante Besonderheit: Man verwehrt mir jeden Versuch, die Situation zu kontrollieren.
Nach einer kurzen Analyse verstand ich, dass das meine Rettung ist. Kaum gehe ich eine Situation an, steigt mein Wunsch, sie vollständig zu kontrollieren, lawinenartig. Sofort reagiere ich mit aufbrausender Gereiztheit bei kleinsten Lappalien.
Meine Patienten erzählten mir oft von einem plötzlich aufkommenden Wunsch, jemanden zu schlagen, auch mit einem Messer zu verletzen, wenn es in der Hand wäre. Auch ich hatte schon mal solche Momente. Ich hielt sie für etwas Krankhaftes, für etwas Pathologisches in meinem Charakter. Jetzt verstehe ich, dass es der ausgeartete Wunsch ist, die anderen zu steuern und diejenigen zu vernichten, die sich nicht fügen. Wenn man sich auf den eigenen Willen konzentriert, vergisst man den Göttlichen Willen. Deswegen ist der Verzicht auf jeglichen Wunsch im Buddhismus die wichtigste Voraussetzung für die Erleuchtung. Man sollte also nicht danach streben zu lernen, wie man die Welt steuert, sondern wie man seine eigene Nachrangigkeit und Schutzlosigkeit spürt. Meinen Patienten erkläre ich oft, dass der Wunsch, die Welt äußerlich zu steuern, eine Entwicklung und Erweiterung der Möglichkeiten ergibt. Der Wunsch, die Welt auf der innerlichen, feinstofflichen Ebene zu steuern ergibt jedoch Krankheiten und den Tod.
Vor kurzem unterhielt ich mich mit einem Freund über die Probleme eines gemeinsamen Bekannten.
„Das Niveau seines Hochmuts ist gesteigert“, diagnos - tizierte ich, „er hat das Gefühl, über den anderen zu stehen, und das ergibt den Verlust von allem, was man hat. Wollen wir mal blind diagnostizieren?“, schlug ich vor, „Und für die Reinheit des Experiments nehmen wir vier Personen, einschließlich uns beiden.“
Ich sah mir die Felder an: „Beim ersten ist alles normal, beim zweiten ist das Niveau des Hochmuts offensichtlich verstärkt.“
„Was ist mit dem dritten?“, fragte mein Freund.
„Das ist ein Todeskandidat, sein Hochmutsniveau lässt bei ihm keine Überlebenschancen zu.“
Ich sah mir noch den vierten Kandidaten an, der mehr oder minder in Ordnung war. Die Nummer zwei war unser Bekannter, der so viele Probleme hatte. Die Nummer drei war ich selbst. Ich verstand sofort, woran es lag. Unterbewusst kam ich auf die viel höheren Ebenen, die andere Welten umfassten. Ein ganzes Jahr betete ich für die Vergebung meiner Anhaftungen an die Geistigkeit, die beim Kontakt mit den vier Welten entstehen. Manchmal ergaben sich bei der Diagnostik Programme auf dem Niveau der siebten und der dreizehnten Ebene. Das war zwar eine oberflächliche, nur Informationszwecken dienliche Diagnostik ohne eine Wechselwirklung, aber bei der energetischen, mehr materiellen Wechselwirkung kommt es zu denselben Folgen, wie wenn man statt eines Rubels eine Million bekommen würde:
Der Mensch merkt nicht mal, dass sein Hochmut explosionsartig gestiegen ist und sofort zum Selbstvernichtungsprogramm wurde. Er ertappt sich nicht bei dem Wunsch, die anderen niederzumachen oder jemanden oder sich selbst umzubringen und begeht Selbstmord oder stirbt an einer schweren Krankheit, ohne verstanden zu haben, was mit ihm los ist. Mir wurde klar, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte. Es gab nur einen Ausweg, und zwar weiterhin zum Göttlichen zu streben, zu Ihm zu rennen oder zu kriechen und dabei Seine Wirklichkeit in der Seele immer mehr zu spüren.
Wenn ich lerne, vollständig auf die Kontrolle über die Situation zu verzichten, von meinen Wünschen, Plänen und Hoffnungen Abstand nehme, wird mir das zusätzliche Zeit verschaffen und zu überleben helfen.